Ich erinnere mich noch genau: Mein erster Investitionskredit mit tilgungsfreier Anlaufzeit fühlte sich an wie ein Lottogewinn. 😄 Ein Jahr lang nichts zurückzahlen, nur geringe Raten, volle Liquidität für mein Business – was sollte da schon schiefgehen? Heute, nach mehreren Finanzierungen, sehe ich das Thema ein bisschen differenzierter. Ich bin Alex – Selbstständiger, Unternehmer und Überlebender mehrerer Kreditverhandlungen. Heute verrate ich dir, wann tilgungsfreie Jahre richtig Sinn machen – und wann du besser zweimal nachrechnen solltest.
Was sind tilgungsfreie Jahre überhaupt?
Kurz erklärt: Bei einem klassischen Kredit beginnst du sofort nach Auszahlung damit, Zins UND Tilgung zu zahlen. Bei einem Kredit mit tilgungsfreier Anlaufzeit zahlst du anfangs nur die Zinsen – die eigentliche Rückzahlung (Tilgung) startet erst nach einer oder mehreren tilgungsfreien Perioden.
Typisch sind:
- 1 Jahr tilgungsfrei (z. B. bei KfW-Förderkrediten)
- 2 Jahre tilgungsfrei (z. B. bei großen Investitionen)
- in seltenen Fällen sogar 3 Jahre
In der Zeit bleibt dein Kapital also maximal im Unternehmen – klingt erstmal mega, oder?
Mein erster Fehler: Ich hab nur auf den Cashflow geschaut
Beim ersten Mal hab ich gedacht: „Wow, ein Jahr lang keine Tilgung – ich hab mehr Luft für Marketing, Neueinstellungen und Wachstum.“ Und ja, das stimmte auch. Aber was ich nicht bedacht habe:
- Die Zinsen laufen trotzdem weiter
- Die Kreditsumme bleibt unangetastet
- Nach Ablauf der tilgungsfreien Zeit steigen die Monatsraten plötzlich deutlich
Das hat mich damals eiskalt erwischt. Ich hatte mir zwar einen Umsatzschub erhofft, aber der kam langsamer als gedacht. Plötzlich standen hohe Kreditraten an – während die Einnahmen noch in den Kinderschuhen steckten. Stress pur.
Fazit: Tilgungsfreie Jahre verschieben das Problem – sie lösen es nicht.
Wann tilgungsfreie Jahre richtig sinnvoll sind
Ich will hier nicht alles schlechtreden – tilgungsfreie Jahre können ein richtig gutes Werkzeug sein. Aber nur, wenn du es bewusst einsetzt.
Hier meine Kriterien, wann es sich lohnt:
✅ Du hast einen klaren Plan, wann die Investition anfängt, Geld zu bringen (z. B. neue Maschinen, die ab Monat 6 Umsatz generieren)
✅ Du nutzt die Zeit aktiv, um dein Business zu skalieren (nicht einfach nur „mehr Puffer“ haben)
✅ Du rechnest durch, ob du die höheren Raten danach stemmen kannst
✅ Du hast eventuell sogar schon alternative Einnahmequellen geplant (z. B. neue Kunden, neue Produkte)
In meinem zweiten Investitionsprojekt hab ich’s besser gemacht: Ich hab 1 Jahr tilgungsfrei gewählt, in der Zeit massiv in Marketing investiert – und als die Tilgung begann, war mein Umsatz stabil genug, um die Raten locker zu bedienen.
Wann du besser die Finger davon lässt
❌ Wenn du die tilgungsfreie Zeit nur als „Pause“ verstehst
❌ Wenn deine Investition unsicher ist oder lange braucht, um sich zu amortisieren
❌ Wenn du schon weißt, dass die höheren Raten später problematisch werden könnten
Denn merke: Nach der Schonfrist wird’s hart. Und dann braucht dein Business richtig Power – oder du gerätst schnell in die nächste Finanzierungslücke.
Mein Fazit: Tilgungsfreie Jahre sind ein zweischneidiges Schwert
Ich nutze heute fast immer eine kurze tilgungsfreie Phase – aber nur, wenn ich genau weiß, was ich in dieser Zeit erreichen will. Einfach nur „mehr Luft haben“ reicht nicht. Tilgungsfreie Jahre sind ein Werkzeug, kein Freifahrtschein.
Wenn du klug planst und bewusst investierst, kannst du die Phase nutzen, um richtig durchzustarten. Wenn du planlos bleibst, ist es nur ein Aufschub – und der Bumerang kommt schneller zurück, als du denkst. 🪃
Im nächsten Beitrag nehme ich mir ein neues Thema vor: Leasing als Alternative zum Investitionskredit – für viele Selbstständige eine extrem spannende Option, die oft übersehen wird.